Veröffentlicht am 03. August 2023

NewJeans bleiben die Hype Girls

Die junge K-Pop-Band New Jeans macht weiterhin alles richtig. Ihre neue EP «Get Up» besteht ausschliesslich aus Hits und ihre Release-Strategie macht alte und neue Fans schon wieder kirre.

Journalist

Minji, Hanni, Danielle, Haerin und Hyein alias New Jeans haben wir schon vor einigen Wochen in einem längeren Feature vorgestellt. Die jungen koreanischen Frauen, allesamt unter 20 Jahre alt, führen den K-Pop in eine neue Zeit. Das klingt ein wenig grossspurig – aber tatsächlich sind sich Musikkritiker:innen und K-Pop-Kenner:innen an dieser Stelle einige. Das erstaunliche dabei: New Jeans machen das freundlich lächelnd, leichtfüssig tanzend und wundervoll singend. Eine Beschreibung, die man im K-Pop nicht so oft liest – ist diese Kultur doch eigentlich geprägt von jahrelangem Training und perfekten Performances. Und man darf sich auch bei dieser Band nix vormachen: Diese vermeintliche Leichtigkeit hat ebenfalls einen hochprofessionellen Kern. Die jüngste der Band (Hyein, die gerade erst 15 wurde) zum Beispiel war schon als Kind regelmässig im koreanischen TV und hatte vor New Jeans eine andere Band am Start. Auch die anderen Member wurden sehr genau gecastet und gezielt ausgebildet, wie man es im Idol-System des K-Pop eben so macht.

Von wegen «Super Shy»

Das Video zur neuen Single «Super Shy» wirkt trotzdem, als hätten sich fünf Teenagerinnen zum gemeinsamen Tanz getroffen und dabei aus Versehen eine kleine Stadt mit ihrer Energie angesteckt. Auffällig ist bei dem bunten Clip auch, dass sie hier in einem südeuropäisch aussehenden Setting unterwegs sind und sie fast die einzigen Koreanerinnen zu sein scheinen. Ein deutliches Zeichen, dass New Jeans auch und vor allem auf internationalen Erfolg zielen. Was bisher unfassbar gut funktioniert. Das liegt auch an den Menschen, die diese Karriere geplant haben: New Jeans sind das erste Signing der der südkoreanischen Entertainment-Company Ador. Die wiederum ist ein Sub-Label von HYBE – jenem Firmenverbund, der die Karriere von BTS ermöglichte und damit zu den erfolgreichsten Produktionsfirmen im K-Pop gehören. Ador hat angeblich völlig freie Hand – was an der charismatischen Chefin liegen könnte. Label-Founder, CEO und Director Min Hee-jin ist nämlich eine der respektiertesten Musikproduzentinnen der K-Pop-Industrie. Vor Ador war sie Creative Director beim Konkurrenten SM Entertainment. Ihre Karriere ist mit einigen der erfolgreichsten Bands der K-Pop-Historie verbunden: Girls' Generation, Shinee, f(x), Exo und Red Velvet.

Hype und Werbung

Schon jetzt ist klar, dass der Hype um New Jeans nicht so schnell nachlassen wird. Wie schon beim Karrierestart, der vor allem durch den Song «Hype Boy» Fahrt aufnahm, kam die neue EP «Get Up» relativ unangekündigt. New Jeans und ihr Team drehen nur sehr ausgewählt auf – aber wenn, verwirren sie einem über Wochen aufs schönste die Sinne. So droppen sie zum Beispiel immer mehrere Songs gleichzeitig, schicken völlig gegensätzlich konzipierte Videos ins Rennen und sind ein paar Wochen lang von TikTok bis TV überall zu sehen. Parallel dazu sieht man die einzelnen Bandmitglieder auf den Covern von Modemagazinen, liest von neuen Brand Partnerships grosser Mode- und Schmuckmarken – und man sieht sie in aufwendigen Werbeclips singen und tanzen, die zugleich Musikvideos sind. Denn auch hier sind New Jeans geradezu schamlos unterwegs: Für Coke Zero sangen sie den Song «Zero» und filmten ein aufwendiges Musikvideo dazu. Für den Opener der EP, dem Song «New Jeans», bewarben sie ihre eigenen Merchprodukte im Intro und verwandelten sich dann in einen Werbespot für das Cartoon Network: sie werden nämlich zu «Power Puff Girls», mit denen sie eine grosse Kooperation haben.

Im Kern stehen immer gute Songs

Brand Cooperations wie diese sind im K-Pop nicht selten, aber man darf sich schon wundern, wie oft New Jeans so etwas machen – und wie leicht man es ihnen verzeiht. Der Clip zu «ETA» zum Beispiel ist komplett mit dem iPhone gefilmt und natürlich auch eine verdealte Angelegenheit. Aber – und damit kommt man zum Kern des Erfolgs: «ETA» ist eben auch ein lupenreiner Pop-Hit, den man nicht mehr aus dem Kopf bekommt.

Bei den sechs Songs auf «Get Up» ist kein Totalausfall, nicht mal ein Lückenfüller dabei. Im Gegenteil: Vom verträumten Titelsong hätte man gern mehr gehabt als die 36 Sekunden Spielzeit. Auch die anderen Songs sind nie länger als zweieinhalb Minuten und damit perfekt zugeschnitten auf die Hörgewohnheiten ihres jungen Publikums. Wobei man sagen muss: Bei TikTok und Co. sieht man auch viele Ü30-Menschen, die ihrem Charme erlegen sind und nun wie deppert bei den Tanz-Challenges mitmachen. Die Qualität des Songwritings ist dabei erstaunlich – und ebenfalls professionell geplant. In den Credits von New Jeans tauchen immer wieder gestandene Indie-Musiker:innen auf, die eben nicht die offensichtliche Wahl für ein K-Pop-Phänomen sind. Auf dieser EP findet man zum Beispiel immer wieder Erika De Casier – die in Portugal geborene, dänische Songwriterin ist sonst eher etwas für Indie-Connaisseure.

Man darf also weiterhin eingängige, überraschende Popsongs und kreativen Reisen in alle möglichen Richtungen von New Jeans erwarten. Gepaart mit ihrem Charme, ihren Stimmen, ihren Performance Skills und dem Team dahinter, stehen die Chanchen nicht schlecht, dass sie irgendwann mal Blackpink als erfolgreichste K-Pop-Girlgroup ablösen werden. Zum Schluss haben wir noch ein letztes Video, das noch einmal zeigt, dass New Jeans auch mal deep und arty können – und selbst koreanischen Serienstars nur zu gerne in ihren Videos mitspielen.

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