Veröffentlicht am 12. Dezember 2023

Das sind (für uns) die zehn besten Alben 2023!

Es ist die Zeit der Bestenlisten: Hier kommen die zehn Alben, die unsere Redakteur:innen 2023 am meisten begeistert haben. Eine bunte Tüte, in der moderner Country ebenso Platz hat wie feministischer Pop-Punk, melancholischer Folk, lässiger Deutschrap und in Würde gealterter Britpop.

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PinkPantheress – «Heaven Knows»

Wenn sich in fünf bis zehn Jahren auch der letzte Boomer damit abgefunden hat, dass TikTok eine ernstzunehmende Plattform für junge, aufstrebende Musiker:innen ist, darf man sich dafür unter anderem bei PinkPantheress bedanken. 2020 teilte die Künstlerin zum ersten Mal kurze Songschnipsel auf der Plattform, drei Jahre später veröffentlicht sie «Ophelia» – eine poetische Ballade, erzählt aus der Sicht von Hamlets Ophelia. Der Rest des 2. Albums knallt ebenfalls, wenn auch ohne Shakespeare-Material.

Sufjan Stevens – «Javelin»

Dieser Mann hat eine dieser Stimmen, mit der selbst das Telefonbuch von Zürich gesungen wie die beste Folkplatte der Welt klingen würde. Sufjan Stevens verbindet auf «Javelin» das persönliche, emotionale Songwriting, das sein Album «Carrie & Lowell» auszeichnete, mit seiner Liebe zu lieblichen Chören und grossen Pop-Momenten. Besonders gut gelingt das in «So You Are Tired» oder «Will Anybody Ever Love Me». Das krönende Finale ist dann jedoch eine Coverversion: Stevens eignet sich «There’s A World» von Neil Young und übertrumpft damit fast das Original.

CVC – «Get Real»

Beim ersten Hören dieser Band denkt man eher an in Paris lebende Daft-Punk-Erben, oder an Motown- und Westcoast-Folk-Enkel, die der Musik ihrer Grosseltern nachspüren. Aber CVC sind tatsächlich eine walisische Band, die sich den Folk, den Funk, den Soul, den Disco-Beat und das lässige Flair jener Indie-Tanz-Musik, die man gerne in Pariser Studios aufkocht, eingefangen hat. Vor allem Songs wie «Good Morning Vietnam», «Sophie» oder «Hail Mary» hätten ein noch viel grösseres Publikum verdient.

Demi Lovato – «Revamped»

Purist:innen werden jetzt vielleicht rumheulen, dass wir hier ein Album auflisten, das strenggenommen alte Songs in neuen Versionen enthält. Und wir sind ja selbst überrascht, wie gut uns «Revamped» gefällt, obwohl Demi Lovato hier Rock-Versionen ihrer eigenen Songs liefert – was ja in den meisten Fällen eine Scheiss-Idee ist. Die aus Texas stammende Pop-Sängerin macht jedoch ein Spektakel draus, vor allem, wenn sie zum Beispiel bei «Sorry Not Sorry» Slash an Bord holt oder bei «Give Your Heart A Break» den The-Used-Sänger mitschreien lässt.

Zack Bryan – «Zack Bryan»

Der in Japan als Sohn eines US-Soldaten geborene Zack Bryan steht für eine junge Generation amerikanischer Country-Musiker. Während seine älteren Kollegen oft den Soundtrack zu Amerikas Trump liefern und sich in Klischees verlieren, ist Bryan ein versierter Storyteller, der nicht nur Country sondern auch den Blues studiert hat – und sich dort abschaute, wie man vom gebrochenen Leben singt. In diesem Jahr kam neben ebenfalls grandiosen EP «Boys Of Faith», auf der Bon Iver und Noah Kahan zu Gast sind, das beeindruckende Album, das seinen Namen trägt. Hört einfach mal sein Duett mit Kacey Musgraves, «I Remember Everything», oder das reduzierte «Tradesman» - und ihr werdet todsicher auch zu Country-Fans.

Jorja Smith – «Falling or Flying»

Die R&B-Songwriterin wird ja schon eine ganze Weile als grosse UK-Hoffnung gefeiert. Das dürfte mit diesem Album Geschichte sein. Seit «Falling Or Flying» muss man eher sagen: Sie ist eine der spannendsten Stimmen im Vereinigten Königreich. Punkt. Anstatt, wie viele andere heutzutage, nur ein paar Songs zu einem Album zusammenzuwerfen, liefert Smith 14 Songs plus zwei Skits ohne Ausfälle. Angefangen vom starken Einstieg «Try Me», über den souligen Hit «Little Things», das Duett mit J Hus «Feelings» bis zum melancholischen Finale «What If My Heart Beats Faster» folgt man Jorja Smith nur zu gerne, wenn sie bloss nur immer weitersingt …

Blur – «The Ballad of Darren»

Alte Helden meldeten sich ja oft genug zurück in diesem Jahr. The Rolling Stones gibt es wieder auf Albumlänge, die Beatles veröffentlichen halb aus dem Grab einen neuen Song und Depeche Mode machen zu zweit weiter – mit einer traurigen Platte über den Tod, die ironischerweise vor dem Tod ihres Bandkollegens geschrieben wurde. Wir möchten hier aber das «Comeback» (denn so ganz weg waren sie ja nie) von Blur feiern: Damon Albarn, Graham Coxon, Alex James und Dave Rowntree wollten es noch mal wissen und zeigen sich dabei so weise, entspannt, melancholisch, lustig, wie man es auch Blur nicht zugetraut hätte. «The Ballad» eröffnet diese wundervolle Platte – ein unfassbar starker Song, der aber nur das Niveau für die weiteren neun vorgibt.

Olivia Rodrigo – «GUTS»

Pop-Punk ist zurück und macht endlich wieder Spass. Was vor allem daran liegt, dass er diesmal nicht von blassen Jungs in hässlichen Hosen gesungen wird, sondern von jungen Sängerinnen und Musikerinnen wie Olivia Rodrigo. Die «Disney»-TV-Jugend merkt man nur noch in der Qualität ihrer Fernsehauftritte, musikalisch ist sie eher auf den Spuren der Breeders, Avril Lavigne oder Blondie unterwegs. Wobei auf gutgelaunten Pop-Punk-Ohrwürmern wie «Bad Idea Right?», auch mal eine Folkballade zum Niederknien wie «Lacy» folgen darf. Mittelmässige Songs kann man auf «GUTS» lange suchen – stattdessen gibt es einen Haufen sehr gewitzter Tempo-Wechsel und originelle Lyrics über das Leben und Lieben einer jungen Frau, die noch nicht weiss, ob sie ein «people pleaser» oder eine «bitch» sein will.

Makko – «Lieb mich oder lass es, Pt. 1»

OK, mindestens ein deutsches Album müssen wir ja auch nennen. Eigentlich hatten wir da erst an «Love Songs» von Peter Fox gedacht, aber das war uns auf Langstrecke dann doch ein wenig zu behäbig. Schauen wir also lieber auf die jüngste Generation in Sachen Deutschrap: Makko hat schon einige Top-10-Hits im Gepäck, zum Beispiel «Nachts Wach», das in der Schweiz auf der 4 landete und in Deutschland auf der 1. Auf «Lieb mich oder lass es, Pt. 1» zeigt Makko auf Albumlänge, dass er mehr ist als seine Hits. Die Instrumentals, sein lässiger Skater-Rap, die Attitüde seiner Lyrics – all das ergibt einen Sound, der nicht nur in Deutschland ungewöhnlich ausgecheckt ist. Kürzlich konnte man bei TikTok einen renommierten amerikanischen Rap-Journalisten zuhören, wie er von genau diesem Sound schwärmte. So etwas gäbe es so gut in Amiland gerade nicht. Ein Kompliment, das Deutschrap sehr, sehr, sehr seltenbekommt.

Caroline Polachek – «Desire, I Want To Turn Into You»

Wie man zugleich Avantgarde und Pop sein kann, zeigte uns in diesem Jahr die amerikanische Musikerin Caroline Polacheck. Ihr Album taucht in nahezu allen relevanten Jahresbestenlisten auf und macht bei allem Entdeckerdrang und aller Deepness auch noch einen Heidenspass. Mit der ja doch sehr lieblichen Musik ihrer vorherigen Band Chairlift hat das inzwischen gar nichts mehr zu tun, ihr eigener Sound klingt eher wie eine Kreuzung zwischen der frühen Björk, die mal kurz Pop sein wollte, den Cocteau Twins, Frou Frou und eben ganz viel Polacheck.

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